Galerie Abteigasse 1

Wer am Sonn­ta­gnach­mit­tag pünkt­lich zur Er­öff­nung der Ver­nis­sa­ge in die Ga­le­rie »Ab­tei­gas­se 1« in Amor­bach ge­kom­men war, konn­te kaum ei­nen Blick auf ei­nes der zwei Dut­zend Bil­der wer­fen – so groß war der An­drang. Jut­ta Wal­ter, ge­lern­te In­nen­ar­chi­tek­tin aus Bürg­stadt, ist mit ih­ren Bil­dern seit Jah­ren in re­nom­mier­ten Aus­stel­lun­gen prä­sent und hat längst ih­ren ganz ei­ge­nen Stil ge­fun­den.

In Amorbach setzt sie auf den kreativen Betrachter, der die Werke in den unterschiedlichen Techniken für eigene Assoziationen nutzt. Der »ideale« Besucher, »malt« die Bilder in seiner Fantasie weiter, lässt die Landschaften auf sich wirken, genießt das spannende Zusammenspiel und das Gegeneinander der Farben und Formen, das in der Hängung durch Galeristin Cornelia König-Becker ideal zur Geltung kommt.

Eigene Erlebnisse assoziieren

Bei der letzten großen Ausstellung von Walters Werken im belgischen Eupen hatte der Kölner Künstler Jo Pellenz von deren »Dramaturgie« geschwärmt, von den großen Möglichkeiten der abstrakten Malweise: »Falls ich jetzt Sehnsucht nach der Weite des Meeres hätte, könnte ich mich bei diesem Bild viel besser in die Situation einfinden, als er mir ein realistisches Bild ermöglichen würde.« Konsequenterweise verzichtet die Künstlerin auf Titel ihrer Bilder, mit denen die Fantasie der Betrachter gegängelt werden könnte. »Ohne Titel«, »Serie Wasser« oder »Serie Landschaft« sind Einladungen an die Besucher, sich ihren eigenen Reim auf die Bilder zu machen, eigene Erfahrungen, eigene Erlebnisse einfließen zu lassen.
Dabei kann von Beliebigkeit dieser abstrakten Malerei nie die Rede sein. Mit einfachen, reduzierten Mitteln, mit einer ebenso feinen wie aussagekräftigen Strichführung, mit farbigen Flächen von großer Intensität und gezielter Verdichtung sind Kunstwerke von großer Präsenz entstanden.

»In Bildern spazieren«

Acryl auf Pappe, Collagen mit Acryl, Wachs und Schellack, Mischtechniken, der Einsatz von Asche und ein Anflug von Dreidimensionalität – Jutta Walter hat immer die Mittel gewählt, die für sie genau den Eindruck hervorrufen, der ihr wichtig ist. Ein Zitat August Renoirs wurde bei der Vernissage von den zahlreichen Besuchern als besonders treffend für Walters Kunst empfunden. Der französische Maler, der im 19. Jahrhundert mit seinen impressionistischen Bildern genauso Furore gemacht hat wie mit seiner Malerei im Freien, sagte: »Ich liebe Bilder, die in mir den Wunsch erwecken, in ihnen herumzuspazieren, wenn es Landschaften sind.«

Ausstellung bis 8. Oktober

Für musikalische Unterhaltung bei der Vernissage sorgte Alexander Huhn am E-Piano. Huhn ließ in Tönen den Reiz und das große Spektrum der Landschaften Jutta Walters einfühlsam und im Spannungsfeld von lyrischen und dramatischen Elementen Revue passieren. In aller Ruhe in den Landschaften der Künstlerin »herumspazieren« kann man in der Amorbacher Galerie noch bis zum 8. Oktober. So lange ist dort die Ausstellung »Natur: nah + fern« noch zu sehen.

Dr. Heinz Linduschka – 21. September 2017 – Bote vom Untermain